Menschen in der VHS

Dr. Eckart Weidemann
Foto: Dr. Eckart Weidemann


Dr. Eckart Wiedemann: Zahnarzt und Stepplehrer

Es klackert im Kurs von Eckart Wiedemann, und zwar von den Spitzen und Absätzen der Schuhe von acht Leuten her, die mit sichtbarem Spaß „Musik treten“, erst langsam, dann in zunehmend rasantem Tempo. Eckart Wiedemann tanzt die Schritte vor, nach einigen Takten gibt er ein Kommando oder Handzeichen, und dann ändert die Gruppe ihren Rhythmus. Manchmal dauert das Umschalten auf die neue Schrittfolge eine kurze Weile, aber dann sind alle wieder im Takt. Wie merken sich die Leute bloß die Reihenfolge?

„Durch langsames Kofferpacken“, lacht Eckart Wiedemann und meint damit das langsame Dosieren, zuerst ein paar Schritte und dann nur so viele dazu, wie man sich merken kann. Ein gutes Gedächtnistraining ist Steppen also, ganz abgesehen davon, dass auch verschiedene Muskelgruppen trainiert werden und die Fuß- und Kniebelastungen funktionell richtig sind. Tatsächlich kann jeder mit dem Steppen beginnen, die jüngste Teilnehmerin ist 16 Jahre alt, die älteste ist siebzig. „Man muss nur gut zuhören“, versichert Eckart Wiedemann, die Geschwindigkeit ist nicht wichtig, sondern das Timing und die Präzision.

Stepptanz entstand in den 1830er Jahren in New York, wo verschiedene ethnische Gruppen Wettbewerbe veranstalteten. Den stärksten Einfluss hatten dabei afrikanische und irische Volkstänze. Die Blütezeit war zwischen 1900 und 1955, wo der Stepptanz am Broadway und in Variete-Theatern getanzt wurde. Als Rock and Roll populär wurde, kam Stepptanz aus der Mode, bis er in den 70er Jahren ein Comeback erlebte.

Seinen ersten Stepp-Auftritt hatte Eckart Wiedemann 1981 in Hamburg bei seiner Abiturfeier, der so erfolgreich war, dass er seine Stepptanz- und Musicalworkshops fortsetzte und eine sechsmonatige Schauspiel-, Gesangs- und Tanzausbildung in Ballett, Stepp und Jazz in Hamburg machte - als Freizeitbeschäftigung neben seinem sozialtherapeutischen Zivildienst. Während seines Studiums der Agrarwissenschaften an der TU in München (1984–86) tanzte er auf Bauernhöfen den staunenden Bauern vor, bei denen er wohnte. Und er steppte weiter.

In Berlin, wo er Zahnmedizin studierte, 1996 promovierte und als Zahnarzt praktiziert, ist Eckart Wiedemann seit 1988 Stepplehrer bei verschiedenen Einrichtungen, in denen er auch seine Frau kennen lernte, mit der er zwei Söhne hat. Seit Anfang der 90er Jahre hat er Auftritte im Theater, auf Kulturfesten und bei Werbeagenturen in Hamburg und Berlin. Da geht er dann hin mit weißen Handschuhen, Zylinder, Frack und Stock und man muss angesichts seiner Mimik und Bewegungen unwillkürlich an Fred Astaire denken. Er war es auch, der bei Eckart Wiedemann die Liebe zu diesem Kunsttanz verstärkte.

Eckart Wiedemann war nicht der erste in der Familie, der tanzte. Seine Großmutter tanzte schon mit Hingabe und auch seine berühmte Tante Elisabeth Wiedemann („Ein Herz und eine See-le“) begann ihre Schauspielkarriere mit Tanzen. Was bringt die Menschen zum Stepptanz? Es gibt keine bessere Beschäftigung, um Anspannung und Ärger abzubauen. Die nächsten Steppkurse beginnen im September an der Volkshochschule Tempelhof-Schöneberg, man braucht nicht viel, nur Schuhe mit oder ohne Aluminiumplättchen.


September 2010  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis