Die Baustelle Turnhalle Fläming-Grundschule. Foto: Thomas Protz
Kein Platz für Sport Wer
in der Dickhardtstr. an der Turnhalle der Fläming-Schule vorbeigeht,
bemerkt eine schlafende Baustelle. Hinter einem Bauzaun stehen
Bauwagen, zwischen zwei der Stahlstützen ist die Außenwand der Halle
komplett herausgerissen, eine Plane, die wohl mal die Öffnung
versperren sollte, flattert im Wind, Schnee treibt in die Halle. Seit
2000 war das Bezirksamt mehrfach informiert worden, dass das Dach der
Halle undicht war. Zugegeben: Bei Flachdächern ist nur schwer
festzustellen, wo die Undichtigkeit liegt, weil Wasser sich eben schwer
prüfbare Wege sucht. Das Bezirksamt teilte immer wieder mit, es läge
kein erheblicher Schaden vor, bis nach einem Unwetter im Juli 2006
schließlich die ganze Halle unter Wasser stand - mit entsprechenden
Schäden am Fußboden. Es fand eine Notreparatur statt, so dass die Halle
Ende Januar wenigstens für den Schulsport wieder provisorisch benutzbar
war, für den Vereinssport erst später. (Kosten unbekannt.) Die Schäden
sind aber so gravierend, dass die Halle totalsaniert werden muss.
Früher wurden Einrichtungen gewartet, heute saniert man sie.
Seit
den Sommerferien 2009 ist die Halle nun zwecks Sanierung gesperrt.
(Geplant war das schon für 2008.) Im November 2009 wurde endlich der
Bauzaun errichtet, und man begann mit der Entkernung. Im November war
ja auch noch nicht vorauszusehen, dass es in unseren Breiten
gelegentlich Winter gibt. In dem könnte man zwar Innenarbeiten machen,
aber bei offener Außenwand geht das nun mal nicht. Also ruht die
Baustelle. Über Wochen der Witterung ausgesetzt. Foto: Hans Markert
Eigentlich
sollte die Sanierung zum nächsten Schuljahr fertig sein. Ein Jahr
Bauzeit müsste ja auch reichen, eigentlich. Inzwischen ist bekannt,
dass die Halle zumindest bis Jahresende 2010 nicht wieder zur Verfügung
stehen wird. Wahrscheinlich Anfang 2011, aber wer kann das schon
voraussagen? Erfahrungen lassen Skepsis aufkommen: Die Turnhalle der
Tempelherren-Schule in der Wintgensstr. ist schon seit mehr als einem
Jahr gesperrt, ohne dass man mit den Arbeiten überhaupt begonnen hat.
Bei der Sporthalle in der Geisbergstraße hat die Teil-Sanierung (nur
Umkleiden und Sanitärbereich) vom August 2008 bis Juni 2009 gedauert.
Die Arbeiten an der Hallendecke und an den Fenstern sind noch gar nicht
in Angriff genommen, und dafür stehen erneut längere Sperrzeiten an.
Die
Schulen müssen eben „kreativ mit der Situation umgehen“, wie eine
Schulleiterin es formuliert. Die Tempelherren-Schule arrangiert sich
mit der benachbarten Hugo-Gaudig-Schule und macht z.B.
Geschicklichkeitsspiele in der denkmalgeschützten Aula, wo altersgemäße
Tobespiele natürlich ausgeschlossen sind. Für die Flämingschule hat das
nahegelegene Nachbarschaftsheim immerhin für 5½ Wochenstunden ihren
Mehrzweckraum zur Verfügung gestellt - mehr Kapazität ist da nicht
frei. Auch da sind Tobespiele nicht möglich. Wie der kreative Umgang
mit dem Mangel an Sportmöglichkeiten konkret aussieht? Die
Schulleiterin zählt Aerobic, Tanzen, Jonglieren, Yoga, Gymnastik auf,
teils in Fluren und im Treppenhaus, teils im Mehrzweckraum der Schule,
wo eigentlich der Musikunterricht stattfinden sollte, teils auch
draußen mit wetterfester Kleidung. Das ist eine enorme Belastung für
den Schulbetrieb, aber man müht sich redlich, mit dem Mangel irgendwie
zurechtzukommen.
Zu erwähnen ist, dass die Fläming-Schule die
erste Integrationsschule in Deutschland war. 60 der 600 Schüler der
Schule haben zum Teil erhebliche Behinderungen, und dann
Sportunterricht ohne Sporthalle!
Eltern und Lehrer der Schule
hatten angeregt, den Umkleide- und Sanitärtrakt der Halle aufzustocken,
(wenn er schon sowieso abgerissen und neu gebaut wird,) und eine
Cafeteria und Küche für den Ganztagsbetrieb zu schaffen. Dort könnten
Absolventen der Schule für Lernbehinderte in der Pöppelmannstr.
Beschäftigung und evtl. auch Ausbildung erhalten. Dieser Vorschlag der
beiden Schulen wurde abgelehnt - aus Kostengründen. Dass die
Nichteingliederung der Schulabsolventen langfristig teurer wird, ganz
abgesehen von den menschlichen Aspekten, zählt nicht, denn dafür sind
andere Verwaltungen zuständig.
Zurück zum Sport: Bürgermeister
Band hat im letzten Wahlkampf die Bedeutung des Sports für die
Gesellschaft herausgestrichen. Nicht nur der Schulsport, sondern auch
viel ehrenamtliche Arbeit in den Vereinen leistet gesellschaftlich
enorm viel für fairen Umgang miteinander, für Gewalt- und
Drogenprävention und natürlich auch für Gesundheitsvorsorge. Die Stadt
stellt dafür die Räume zur Verfügung - so die Theorie. Aber wenn die
Sportstätten für Monate oder gar Jahre gesperrt sind? Gerade für
jüngere Vereinssportler ist die Nähe zur Wohngegend entscheidend. Wenn
sie weit fahren müssen, gehen sie dem Vereinssport wieder verloren, und
viel Aufbauarbeit ist vertan.
Besonders schwierig wird die
Situation im Bezirk im März/April werden, wenn die Sanierung der
Bosehalle (wahrscheinlich) beginnen wird. (Im Juni 2009 wurde sie schon
mal zwecks Sanierung völlig ausgeräumt, im September dann wieder
eingeräumt.) Eine Ausweichhalle steht nicht zur Verfügung. Die
Tempelherren-Schule hat dort z.B. seit vielen Jahren den „Mäuse-Cup“
organisiert, ein berlinweites Handballturnier für Grundschulen.
Zumindest in diesem Jahr muss es ausfallen, und es ist fraglich, ob die
Lehrer genügend Elan aufbringen werden, so ein langjährig etabliertes
Event nach einer Unterbrechung (wer weiß, wie lange?) neu zu beleben.
Und die Vereine? Wie war das mit dem Versprechen von Bürgermeister
Band, sich für den Sport einzusetzen?
Eine Sportstätte im Bezirk
ist, für jeden sichtbar, weggefallen, die Radrennbahn am Sachsendamm
samt Sportfeld im Innenraum. Dort steht jetzt ein Möbelhaus. Die BVV
hat den Verkaufserlös für das Grundstück auch folgerichtig für den Bau
eines Sportplatzes und einer neuen Sporthalle blockiert. Beides ist
noch nicht begonnen. Mehr noch, die Mittel sind durch den
Bezirksbürgermeister in seiner Rolle als oberstem Finanzverwalter des
Bezirks vorerst gesperrt worden, und es gibt die Befürchtung, dass die
Sporthalle nun gar nicht gebaut wird. Dann wären erhebliche Kosten für
vorbereitende Maßnahmen sinnlos ausgegeben (wie man hört, 350.000 EURO,
und die stehen dann nicht einmal mehr für notwendige Instandsetzungen
zur Verfügung). Wie war das doch mit der Förderung des Sports?
Zurück
zur Turnhalle der Flämingschule: Wenn schon eine Sanierung nötig ist,
dann sollte der Ablauf doch vorher so geplant sein, dass er unmittelbar
nach der Sperrung auch beginnen kann, zügig durchzuführen ist und nicht
zusätzliche Bauschäden entstehen. Ein halbes Jahr ist schon vergangen,
und bisher ist noch nicht viel passiert. Bei manchen Beobachtern
entsteht der Eindruck, dass für den Bezirk ohne Bedeutung ist, ob die
Schule ihren gesetzlichen Auftrag zu fachgerechtem Sportunterricht
überhaupt erfüllen kann und ob die langjährige Jugendarbeit von
Sportvereinen zusammenbricht oder nicht.
Man kann Kinder
immerhin auf Game-Boys umleiten. Da werden wenigstens zwei Daumen
trainiert, das ist schließlich auch Vorbereitung auf das Leben, nämlich
auf die Handhabung der Fernbedienung. Und schließlich kann man da auch
mit imaginären Bällen auf imaginäre Tore schießen. Ist das nicht Sport
genug?
Hans Markert
. Februar 2010 Stadtteilzeitung
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