Unterwegs mit dem Baumkontrolleur Michael Wallrich
BAUMSCHAU in Tempelhof/Schöneberg

Schaustelle Grazer Platz am Dienstagvormittag. Michael Wallrich ist mit seinem Team und dem großen Hebebühnenwagen zur routinemäßigen Baumkontrolle vor Ort. Mit fachmännischen Blicken werden die Baumstämme und ihr Geäst  inspiziert. Auch ein Gummihammer ist mit von der Partie (doch davon später). Die Bäume stehen in vollem Grün, alles scheint in Ordnung zu sein. „Schauen Sie hier auf diesen langen Riss und die vielen am Baum krabbelnden Ameisen“, schärft er meinen Blick. Und nun sehe ich den vom letzten Sturm stammenden Riss an Nr. 541 „Was passiert jetzt? „Nun müssen wir erstmal bohren.“

Herr Wallrich ist seit 1990 stellvertretender Revierleiter für die bezirklichen Baumkontrollen. Rund um das Jahr werden die Bäume auf Standfestigkeit, Pilz- und Schädlingsbefall, Risse usw. prophylaktisch untersucht und ihr Gesundheitszustand im neuen Computersystem erfasst. Stolz zeigt er das „PDA-Gerät“ mit dem modernen „Gaia-Programm“, das die Arbeit und Bestandsaufnahme sehr erleichtert. Darin sind neuerdings alle bezirklichen Bäume und ihr individueller Zustand gespeichert.
Gelegentlich müssen für die Standfestigkeit der Bäume „Kronenreduzierungen“ durchgeführt werden. Das erledigt das sägeerfahrene Team vom Hebebühnenwagen aus und entfernt die Reste mit dem Häcksler. „Ganz schön morsch waren die Äste.“

Aber nicht alle Anwohner sind immer erleichtert, denn sie sehen meist nur den grünenden Baum, aber nicht die Schäden und Gefahren, die vom geschädigten Baum ausgehen. Verbale Attacken auf die Mitarbeiter und teilweises Unverständnis für deren Arbeit sind durchaus an der Tagesordnung. Sogar drohende Besen hat Herr Wallrich schon erlebt. Aber die Mitarbeiter sehen vieles gelassen und leisten oft geduldig Aufklärungsarbeit. Damit können sie in der Regel auch die Anwohner bei „Notfällungen“ überzeugen, die allerdings selten sind. Denn dank des Computersystems können die normalen notwendigen Fällungen im Lauf des Jahres gründlich vorbereitet und in die Winterzeit verlegt werden. Vorher werden an jedem betroffenen Baum „wasserdichte“ Informationen für die Anwohner befestigt, auf der die Gründe für die Fällung und die Telefonnummer des zuständigen Inspektionsleiters im Bezirksamt (90277 - 3740) für eventuelle Rückfragen aufgeführt werden. Leider - so beschweren sich die Mitarbeiter - werden diese Mitteilungen oft abgerissen.

Ach so, der Gummihammer? Wie wichtig langjährige Erfahrungen und ein guter Blick sind, demonstriert Herr Wallrich am Beispiel gut aussehender und grünender Pappeln am Kinderspielplatz des Grazer Platzes. Zielstrebig schiebt er das Gebüsch zur Seite und klopft heftig auf die Stammbasis. Nein, da klingt keine afrikanische Trommel, sondern ein sehr hohler Pappelstamm. „Da muss jetzt aber sofort der Bohrer ran.“ Gesagt, getan, den Diagnosestreifen eingespannt und schon wird gebohrt. Nach mehrfachen Bohrungen bekommt der Baum noch eine Gnadenfrist, steht aber ab jetzt unter besonderer Beobachtung. Verkehrssicherungspflicht hat eben einen hohen Stellenwert.

Was können wir vom Experten noch erfahren?
  1. Im Revier wachsen momentan keine Ambrosiapflanzen. Also Allergiker-Entwarnung.
  2. Gegen Miniermottenbefall im nächsten Jahr hilft nur das Einsammeln von Kastanienlaub. Laubmüllsäcke gibt es bei der BSR. Gemeinsame Sammelaktionen im Bezirk sind geplant. Wir berichten später darüber.
Hartmut Ulrich

Bild1: Mit einem Holzbohrer prüft Michael Wallrich die Holzdicke des Baumes im Tiefstammbereich.

Bild2: Mit einem Personal Digital Assistant (PDA) (englisch für persönlicher digitaler Assistent - das ist ein kompakter, tragbarer Computer) erfasst Baumkon-trolleur Michael Wallrich die Stammda-ten für jeden Baum in seinem Revier.
Fotos: Hartmut Ulrich.


Oktober 2009  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis