Auf der Bühne seid Ihr Tänzer - ein Buch von Sanna von Zedlitz | ||||
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In Berlins Schulen wird endlich getanzt! 2005 erschien in dieser Zeitung eine begeisterte Rezension des Films „Rythm is it“, in dem die tänzerische Aufführung von Igor Strawinskys „Sacre du Printemps“ durch 250 Kinder und Jugendliche aus Migranten- und „Problem“familien aus Berlin dokumentiert wird. Den Berliner Philharmonikern unter Sir Simon Rattle und dem britischen Choreografen Royston Maldoom war es in einem gemeinsamen Projekt gelungen, die Schülerinnen und Schüler an ernsthaftes Arbeiten heranzuführen und ihnen die Freude an der eigenen Leistung zu vermitteln. „You can change your life in a dance class“ war das Motto, mit dem sie der hervorragende (Tanz)pädagoge Royston Maldoom zu motivieren vermochte, und die davon sehr angetane Rezensentin hatte den Stoßseufzer ausgestoßen: Solche Pädagogen und solche Projekte kann es nicht genug geben! Inzwischen sind einige Jahre vergangen, und nun liegt Sanna v. Zedlitz' Buch „Auf der Bühne seid ihr Tänzer! - Hinter den Kulissen von TanzZeit - Zeit für Tanz an Schulen“ vor. Das Unerwartete ist geschehen: bis heute haben etwa 6.000 Kinder und Jugendliche an dem Projekt Tanz-Zeit in Berliner Schulen teilgenommen, das von der Tänzerin und Choreografin Livia Patrizi initiiert worden ist. Und sie konnte Royston Maldoom für eine Mitarbeit gewinnen. Patrizis Traum war es, „jedes Schulkind in Berlin tanzen zu lassen, alle künstlerischen Potenziale zu entfalten, die unbeachtet in diesen jungen Menschen schlummern, und dem Zeitgenössichen Tanz … endlich zum Durchbruch zu verhelfen.“ Das Buch handelt von dem Prozess der Verwirklichung dieser Idee, von den Anstrengungen und Schwierigkeiten, die ein derartiges Projekt bis zu seinem endgültigen Erfolg begleiten. „Auf der Bühne seid ihr Tänzer“ heißt auch: „Auf der Bühne seid ihr keine Kinder mehr, da stellt ihr etwas vor, dort seid ihr Tänzer!“ Und das bedeutet, Tanz ist Arbeit, Respekt vor dem eigenen Tun und dem der anderen. Erst wenn man sich darauf eingelassen hat, spürt man den Stolz und die Freude an der eigenen Leistung. Viele an der TanzZeit Beteiligte lässt Sanna v. Zedlitz zu Wort kommen: die Eltern thematisieren ihre Erwartungen, die Kinder fragen sich: Warum machen wir das? und geben auch gleich die Antworten darauf, die oft ganz unterschiedlich ausfallen („Am Anfang fand ich das Tanzen doof. Aber als die erste Stunde vorbei war, freute ich mich schon sehr auf die nächste Stunde“ - „Ich hab gelernt, mich irgendwas zu trauen“ - „Ich würde gern weitertanzen, aber leider ist es vorbei!!..“) Die Dozenten und Tanzlehrer wiederum berichten von „Lehrers Lust und Last“, wenn sie wilden und oft unwilligen Kindern Konzentration und Disziplin beibringen sollen. Aber immer wieder wissen sie von Erfolgen zu berichten und von unerwarteten Entwicklungen. Die Idee, Kindern und Jugendlichen in der Schule modernen Tanz nahe- und beizubringen, mit allen damit verbundenen Möglichkeiten, hat also auch in Berlin, wie schon in vielen Teilen der Welt, Fuß gefasst und bietet ihnen eine ungewöhnliche Chance. Beeindruckend, wie es Sanna v. Zedlitz gelingt, den schwierigen und komplexen Prozess erfahrbar zu machen, der ein solches Unterfangen bedeutet. Nichts weniger wird gezeigt, als welcher Fülle von Anstrengungen, Ideen, Einfühlsamkeit und Verständnis der Besonderheit von einzelnen Kindern und Jugendlichen es bedarf, um sie an ungewohnte Aufgaben heranzuführen, sie zu sensibilisieren, zu motivieren und zu begeistern. Einen derartigen vorbereitenden Prozess wünschte man sich für alle Bereiche kindlicher Bildung, jenseits aller Reformen. „Auf der Bühne seid ihr Tänzer“ Hinter den Kulissen von TanzZeit - Zeit für Tanz in Schulen Eine Dokumentation von Sanna v. Zedlitz Mit Fotografien von Marion Borriss kopaed (muenchen) 2009 96 S., kartoniert, 12.- Euro ISBN 978-3-86736-081-4 Sigrid Wiegand Fr 22.01.2010, 20 Uhr Hotel Friedenau, Fregestr. 68, 12159 Berlin „Auf der Bühne seid Ihr Tänzer!“ Autorenlesung mit Sanna v. Zedlitz. Eintritt 5,- Euro . |
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