Die zweite Inszenierung des Projekts JobAct

Ghetto Love Story
 
Kevin und Dilara sind Romeo und Julia in dem Stück „Ghetto Love Story“ des Projekts JobAct. Romeo und Julia in Berlin, geht das denn? Und wie das geht, auch ohne die Capulets und Montagues, die verfeindeten Familien in Verona, deren Anhänger aufeinander losgingen, sobald sie sich über den Weg liefen. In der Berliner Jugendgang gibt es auch genug Ärger, vor allem, wenn man wie Romeo aussteigen will. Nachdem er bei einem gemeinsamen „Bruch“ gefasst wurde und nun eine gerichtliche Vorladung erhalten hat, beginnt er sich zu fragen, was er eigentlich tut. Er will nicht mehr nach Hamoudis Pfeife tanzen, aber der lässt ihn nicht gehen - seine „Familie“ verlässt man nicht! Romeo gibt immer wieder klein bei, wo soll er sonst auch hin? Zu Hause bei seinem Vater gibt es Stress, such dir 'ne Arbeit, heißt es, wielange willst du mir noch auf der Tasche liegen? Und was die Arbeitsvermittlerin ihm anzubieten hat, reißt ihn auch nicht vom Hocker. Also hängt er weiter mit den sogenannten Freunden ab und dümpelt unzufrieden vor sich hin.

Soweit, so allgemein bekannt. Aber dann kommt Julia ins Spiel und mit ihr die Liebe und damit auch der Schwung, der Romeo bisher gefehlt hat. Jetzt könnte es beginnen, das richtige Leben! Zunächst einmal beginnen jedoch die Probleme, und wie bei Shakespeare geht es um Leben und Tod. Bei der Probe, die ich besuchte, war der Schluss noch nicht gefunden; die Entscheidung fiel dann aber auf ein Happy end.

20 arbeitslose Jugendliche zwischen 18 und 25 Jahren haben das Stück entwickelt, gemeinsam mit dem Theaterpädagogen Stephan Rumphorst und dem Schauspieler Dieter Bolte, haben Bühnen- und Kostümbild und auch die Öffentlichkeitsarbeit gestaltet, all das im Rahmen des mit dem Bundesförderpreis ausgezeichneten Projekts JobAct der Projektfabrik e.V., das seit über einem Jahr in Berlin läuft - ein Projekt  zur Qualifizierung von jungen Erwachsenen auf dem Weg in Ausbildung und Beruf. (Elfie Hartmann hatte bereits im Juni 2008 ausführlich über das Projekt berichtet). In Kooperation mit dem Nachbarschaftsheim Schöneberg und dem Jobcenter Tempelhof-Schöneberg erhalten die Jugendlichen in einer zweiten Phase ein intensives Bewerbungstraining durch die Diplom-Pädagogin Petra Donner.

Nicht jede/r eignet sich zum Theaterspielen, nicht alle haben darstellerische Fähigkeiten, es muss also sorgfältig ausgesucht werden, wem man diese Möglichkeit anbieten kann. Diejenigen, die sich darauf einlassen (können) und bei der Stange bleiben, machen eine erstaunliche Entwicklung. Alle, mit denen ich rede, versichern mir, dass die Theaterarbeit ihnen zu mehr Mut und Selbstbewusstsein verholfen hat, wie das Bewerbungstraining sie in einem sicheren Auftreten unterstützt.

Auch diese zweite Inszenierung des Projekts JobAct ist wieder sehenswert. Mit Lässigkeit und Spielfreude sind sie in ihre Rollen geschlüpft, Kevin und Dilara, Justyna, Jerôme, Alexander und Hakan, Christine, Deniz, die beiden Hassans, Steven und Kristina. Mit ihnen hat Stephan Rumphorst eine interessante und spannende Aufführung gestaltet, die vielleicht auch einiges mit ihrem Alltag zu tun hat: Stress auf dem Arbeitsamt, Ärger mit Eltern oder Freunden. Mit Rollregalen werden Zimmer, Kneipen, Büros dargestellt und von den Spielern selbst in den einzelnen Szenen positioniert. Alles klappt vorzüglich, kleine technische Pannen werden souverän überspielt. Gut gefallen hat mir die Idee, einige Szenen, u.a. die verspielte Zeit der ersten Verliebtheit zwischen Romeo und Julia, als Videofilm einzublenden,  was die beiden locker und hübsch anzusehen darstellen.

Für die Teilnehmer des Projekts war das Theaterspielen, das ihnen viel Disziplin abverlangte, ein lehrreiches Abenteuer. Ich wünsche ihnen allen Glück für ihr weiteres (Berufs)leben.

Sigrid Wiegand

>> Bildergalerie
>> www.myspace.de/ghettolovestory2009

.
April 2009  Stadtteilzeitung