Jugendliche aus den Partnergemeinden von Tempelhof-Schöneberg besuchen den Bezirk
Christine und Dr. Radouane Belakhdar
Deutsch-Algerisches Übersetzer-Ehepaar

Französisch ist die "Brückensprache", wenn sich alle neun Familienmitglieder der Belakhdars treffen, die es zusammen auf immerhin sechs Sprachen bringen. Das Französische war auch die Brücke, die Christine und Dr. Radouane Belakhdar im Studium an der Berliner Humboldt-Uni zusammengeführt hat. Sie liebte diese Sprache - und ihm hatte der algerische Großonkel noch auf dem Sterbebett geraten: "Heirate eine Deutsche!".

Mittlerweile bilden die Belakhdars seit über 20 Jahren ein deutsch-französisches Übersetzerteam für das weite Spektrum von amtlichen Texten über Sachbücher bis zur Literatur. Professionalität und Sprachgefühl finden bei ihnen eine ideale Ergänzung darin, dass sie sich Texten von zwei Muttersprachen her nähern können. Neben ihrer Übersetzertätigkeit sind sie Unidozenten, unterrichten Botschaftsangehörige und Max-Planck-Gastwissenschaftler und bieten das Übersetzungstraining Deutsch-Französisch in der Volkshochschule Tempelhof-Schöneberg an, das auf die Staatliche Prüfung vorbereitet.

Nicht jeder, der eine Sprache beherrscht, kann sie auch gut übersetzen, sagen die Belakhdars. Der Übersetzer-Markt ist hart umkämpft. Neben dem formalen Zertifikat spielt dann oft die inhaltliche Spezialisierung eine Rolle, aber auch das Fünkchen Talent für sprachliches Brückenbauen, das Quereinsteiger genauso besitzen können wie Sprachenstudenten. Oft hat das enge biografische Bezüge.

So waren für Dr. Radouane Belakhdar schon seit der Schule das koloniale Französisch und das Deutsche so präsent wie seine arabische Muttersprache. Danach in Algier Germanistik studieren - das hieß damals noch, von Dozenten aller deutschsprachigen Staaten parallel unterrichtet zu werden. Die Faszination für das Deutsche hielt deswegen an. Ein Stipendium führte nach Berlin - die Aufbruchstimmung des jungen algerischen Staates zog die junge Familie wieder dorthin zurück, wo sie als Hochschullehrer und Übersetzer wirkten.

In den politischen Wirren der 90er Jahre verließen sie das Land. Dieser Weg war schmerzlich, das Leben der Familie wollten sie aber nicht in Gefahr bringen. Heute haben die sieben Kinder sich zu algerisch-deutschen Weltbürgern entwickelt. Die nordafrikanische Heimat wird jedes Jahr besucht - und in der zweiten Heimat Berlin haben sich die Eltern mit der Gründung des deutsch-algerischen Vereins "Yedd" ein Forum geschaffen, auf dem sie sich unter Christine Belakhdars Vorsitz dem Kulturaustausch verschrieben haben.

"Unser Beruf und Hobby sind eins", sagen beide übereinstimmend. Ein Projekt, das sie besonders stolz macht, ist die Übersetzung des offziellen Deutsch-Französischen Geschichtslehrbuches für die Oberstufe, das die Historie beider Länder mehrdimensional darstellt. Ein solches Buch für Frankreich und Algerien - das wäre ihr Traum, für den sie auf ihrer Webseite www.belalgerie.de bereits Material sammeln. Immerhin geht die EU-Mittelmeerunion in die richtige Richtung, meinen sie. Ihre private "Mittelmeerunion" haben die Belakhdars freilich schon längst vollzogen.

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September 2008  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis