The Berlin Airlift
Das Thema "Flughafen Tempelhof"
animiert zurzeit wohl fast alle Leser zum Weiterblättern... Doch Halt!!!
Es gibt ein Datum in diesem Monat in Zusammenhang mit dem Flughafen, an
das unbedingt erinnert werden sollte: 26. Juni 1948, der Beginn der
Berliner Luftbrücke vor sechzig Jahren.
Die Versorgung einer Millionenstadt mit
allen notwendigen Gütern des Alltags, nicht nur mit Lebensmitteln,
sondern auch mit Kohle zum Heizen und zur Stromerzeugung über fast ein
Jahr war eine Aktion, die bis heute einmalig ist. Die Luftbrücke war eine
logistische, militärisch-geplante Meisterleistung. Sie aber nur unter
diesem Aspekt würdigen zu wollen, wird der Vielschichtigkeit des
Unternehmens nicht gerecht. Mich bewegt besonders der Gedanke, dass die
Beteiligten, die zivilen Helfer, aber vor allem die hilfeempfangenden
Berliner, sich dafür entschieden, Opfer zu bringen, damit sie nicht
gleich wieder einer Diktatur unterstellt worden wären. Wäre heute so
etwas denkbar?
Die Vorgeschichte
Wie immer, wenn sich etwas so sehr zuspitzt, gibt es eine längere
Vorgeschichte. Schon gegen Ende des 2. Weltkrieges auf der Konferenz in
Jalta, wo die zu-künftigen Siegermächte England, USA und Sowjetunion
darüber verhandelten, wie Europa nach dem Krieg aufzuteilen sei, wurde
beschlossen, dass Berlin eine Vier-Sektorenstadt wird. Jalta liegt auf der
Krim, also waren die West-Alliierten Gäste von Josef Stalin, der die
Vorherrschaft in Europa anstrebte. Beim Heimspiel hat man doch Vorteile?!
Die Alliierten wollten Deutschland
gemeinsam regieren. Daraus wurde nichts, wie wir wissen. Schnell wandelte
sich die Stimmung der Großmächte nach dem Sieg, und der Kalte Krieg
begann. Ein "Eiserner Vorhang" teilte die Machtsphären zwischen
Ost und West. Die osteuropäischen Staaten, fanden sich - nach aktivem
Kampf gegen die deutsche Besetzung - unter der Vorherrschaft der
Sowjetunion wieder. Stalin verfolgte die Politik der kleinen Schritte, die
bald auch die westlichen Länder in seinen Machtbereich bringen sollte ...
Es ging also 1948 nicht nur um Berlin, es ging um ganz Westeuropa. Hätten
die West-Alliierten hier nachgegeben, dann wäre ... ja, na ja, die
Geschichte hätte auf jeden Fall einen anderen Lauf genommen.
Der Streitfall
Wie so oft bei Streitigkeiten ist die Sache selbst vielleicht gar
nicht so wichtig, aber kleine Ursachen können eine große Wirkung haben.
In West-Berlin, dem von den drei West-Alliierten (Frankreich gehörte
inzwischen neben Großbritannien und den USA dazu) besetzten und
verwalteten Stadtteil, wurde - analog zu den übrigen westlichen
Besatzungszonen - die D-Mark als Zahlungsmittel eingeführt. Die Sowjets
taten das Gleiche in ihrem Sektor Tage später, wollten aber überdies,
dass auch West-Berlin miteinbezogen wird. Die neue Währung für
West-Berlin wurde so zu einem Affront für die Russen.
Also wurde wieder ein altes Druck-mittel
eingesetzt: Der Landweg von West-Deutschland nach Berlin wurde
abgeriegelt. Nicht zum ersten Mal, diese Strategie wurde schon ein paar
Mal angewandt. Aber nun für längere Zeit: Ende Juni 1948 gingen die
Schlagbäume an den Kontrollpunkten ´runter, die Zufahrtswege zu Lande,
zu Wasser und auf den Schienen blieben für den Güterverkehr gesperrt.
Die Antwort der Amerikaner
Während der kurzen Blockaden vorher konnten die Amerikaner schon
"üben", wie es mit der Versorgung auf dem Luftweg klappen
könnte. Als die Situation sich verschärfte, wurde blitzschnell
kalkuliert und gehandelt: Wie lange reichten die Vorräte in Berlin, wo
stehen einsatzbereite Flugstaffeln, woher kommen die Versorgungsgüter
etc. Beispielsweise wurde durchgerechnet, ob es günstiger ist, Mehl und
Kohlen zum Brotbacken oder fertiges Brot einzufliegen. Man entschied sich
für erstere Variante.
Die führenden Köpfe
Natürlich ist General Lucius D. Clay als oberster militärischer
Verantwortlicher untrennbar mit dem Unternehmen "Berlin Airlift"
verbunden. Weitere führende Militärs auf amerikanischer Seite, die das
Ganze koordinierten, waren die Generäle Curtis E. LeMay und William H.
Tunner.
Und wenn ich jetzt in diesem Zusammenhang nicht an die legendäre Rede des
Oberbürgermeisters Ernst Reuter im September 1948 erinnere - "Ihr
Völker der Welt, (...) schaut auf diese Stadt ..."-, die alle
Beteiligten zum Durchhalten motivieren sollte, erhalte ich (zu Recht!)
Beschwerdebriefe der (älteren) Leser.
Die Blockade
Keiner kommt ´rein, keiner kommt ´raus, wie eine Belagerung im
Mittelalter. Es gab keine offenen Kampfhandlungen. Weder wurde das
Stadtgebiet West-Berlins durch die Sowjets angegriffen, noch wurden die
Versorgungsflugzeuge, die damals noch ziemlich tief flogen, über der
sowjetischen Besatzungszone abgeschossen. Beide Seiten fürchteten - so
kurz nach dem Krieg - hohe Opferzahlen.
Psychische Zermürbung sollte West-Berlin
zu Fall bringen. Selbstverständlich konnte der mündige Bürger aus dem
Westen sich für die Lebensmittelzuteilung im Osten registrieren lassen.
Bis zum Dezember 1948 machten 95.000 Menschen - die an dieser Stelle nicht
verurteilt werden sollen, die Not war groß - davon Gebrauch. Zum
Vergleich: Die Zahl der Arbeitslosen lag zum gleichen Zeitpunkt bei
113.000.
Der Alltag
Wie kann man sich den Alltag zu jener Zeit vorstellen? Meine Tante
wohnte damals in der Eylauer Straße in Kreuzberg und absolvierte ihre
Berufsausbildung im Lette-Verein am Viktoria-Luise-Platz. Schulspeisungen
boten ihr geregelte Mahlzeiten, die einfach waren (montags Nudeln,
dienstags Reis etc.), aber die ständige Sorge der Nahrungsbeschaffung
verringerten. Stromsperrungen zwangen zu ungewöhnlichen Tagesabläufen
(Waschen um Mitternacht), denn die Industrie produzierte weiter, also
konnten die privaten Haushalte oft nur in den Nachtstunden versorgt
werden. Die Straßenbahn fuhr kaum, die meisten Wege wurden zu Fuß
zurück-gelegt. Die gespenstischen Ruinen am Wegesrand sind ihr noch genau
in Erinnerung. Unter solchen Bedingungen lebten auch die vielen
Zivilisten, die beim Be- und Entladen der Flugzeuge Höchstleistungen
erbrachten.
Der Nachschub
Am anderen Ende der Luftbrücke waren die Stützpunkte der Briten und
Amerikaner: In der britischen Zone die Flugplätze in Fassberg und Celle,
in der amerikanischen die Rhein-Main-Airbase. Die Zahl der Starts und
Landungen, die Zeit des Be- und Entladens wurden nach und nach optimiert.
Aus der Lüneburger Heide war der Weg nach Berlin kürzer, und das Wetter
war im Jahresdurchschnitt besser. Das machte andere anfängliche Nachteile
(zu geringe Kapazität) der britischen Stationen auf Dauer wett.
Gelandet sind die Maschinen in Berlin
hauptsächlich in Tempelhof. In Gatow war der Flugplatz der Briten. Der
Flughafen Tegel wurde damals in Rekordzeit (3 Monate!) errichtet. Der
französische Stadtkommandant war nicht zimperlich: Im Wege stehende
Sendemasten des Ostdeutschen Rundfunks ließ er sprengen.
Der Weg der Versorgungsgüter lässt sich bis in die USA, wo unzählige
Depots angelegt worden waren, zurückverfolgen. Viele Spenden kamen damals
von der amerikanischen Bevölkerung. So kurze Zeit nach dem Krieg wurden
aus ehemaligen Feinden Freunde.
Die Reaktion des Gegners
Glaubten die Sowjets anfangs noch, dass sich eine solche aufwändige
Aktion nicht lange durchhalten ließe, wurde ihnen nach ca. zwei Monaten
klar, dass sie als die Blamierten dastehen und einen ungeheuren
Ansehensverlust in der Welt erlitten. Während die Amerikaner schon
durchkalkulierten, ob sie die Luftbrücke über drei Jahre aufrecht
erhalten könnten, warteten die Russen die Jahreswende 1948/49 und den
darauffolgenden Winter ab, um dann einzusehen, dass diese Strategie nicht
zu ihrem Ziel führte. Die Sperrung der Landwege nach Berlin endete am
11./12. 5.1949. Die Blockade war vorbei.
Freudenfeste folgten, aber die gesamten Organisationsstrukturen wurden so
schnell wieder aufgelöst wie sie entstanden. Geblieben ist die Erinnerung
an ein einmaliges, friedliches, militärisches Unternehmen, das den
weiteren Lauf der Geschichte gravierend beeinflusst hat.
Marina Naujoks
Gedenkveranstaltungen in Berlin
Juni 2008 - Aktion
"Rosinenbomberbrot" von CARE Deutschland e.V.
CARE und CARE-Pakete sind in der Zeit größter Not nach dem 2. Weltkrieg
zum Synonym für humanitäre Hilfe und Mitmenschlichkeit geworden. CARE
war maßgeblicher Akteur der Berliner Luftbrücke. Bis zu 1.000
CARE-Pakete täglich erreichten die hungrigen Berlinerinnen und Berliner
während der Blockade. Neben den "Rosinenbombern" der britischen
und amerikanischen Luftwaffe charterte CARE eigene Maschinen, um den
Transport sicherzustellen. Mit mehr als 200.000 Paketen versorgte CARE
während der Luftbrücke die Berliner.
Im Rahmen des 60-jährigen Jubiläums der Berliner Luftbrücke erinnert
CARE Deutschland e.V. an diese historische Leistung und macht gleichzeitig
auf die aktuelle Arbeit von CARE aufmerksam. Ab Anfang Juni wird CARE
deshalb in vielen Berliner Bäckereifilialen das
"Rosinenbomberbrot" anbieten. Das Brot wird ein halbes Jahr lang
zu einem Preis von 2,20 Euro erhältlich sein; 20 Cent davon fließen in
aktuelle CARE Hilfsprojekte weltweit.
11. Juni 2008 - Eröffnung der
Fotoausstellung "Die Blockade 1948/49" von Henry Ries
Anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Berliner Luftbrücke
präsentiert das Deutsche Historische Museum in der Zeit vom 13. Juni bis
21. September 2008 eine Ausstellung mit Fotografien des im Jahr 2004
verstorbenen deutsch-amerikanischen Künstlers Henry Ries. Berühmt wurde
Ries mit einem Foto aus dem Jahr 1948, das einen Rosinenbomber der
Berliner Luftbrücke im Landeanflug über winkenden Kindern zeigt. Dieses
Foto wurde zu einem Symbol der Unterstützung der Freiheit West-Berlins
durch die USA und diente später als Druckvorlage für eine amerikanische
Briefmarke.
26. Juni 2008 - Eröffnung der
Sonderausstellung "The Making of... Die Männer und Frauen der
Berliner Luftbrücke 1948/49"
Das Alliiertenmuseum führt auch in diesem Jahr zahlreiche Veranstaltungen
durch, um der Luftbrücke vor 60 Jahren zu gedenken. Auf Einladung des
Museums werden Veteranen aus den USA, Großbritannien und Frankreich an
den Veranstaltungen teilnehmen. Einer der Höhepunkte wird die Eröffnung
der Sonderausstellung "The Making of... Die Männer und Frauen der
Berliner Luftbrücke 1948/49" am 26. Juni 2008 sein. Die Ausstellung
steht den Berlinerinnen und Berlinern ab dem 27. Juni 2008 in den Räumen
des Alliiertenmuseums in der Clayallee 135, 14195 Berlin, offen. Der
Eintritt ist kostenlos.
27. Juni 2008 - Empfang für Veteranen
der Luftbrücke im Berliner Rathaus
Aus Anlass des 60. Jubiläums werden amerikanische, britische und
französische Veteranen am 27. Juni 2008 mit einem offiziellen Empfang im
Berliner Rathaus geehrt. Sie tragen sich ins Gästebuch der Stadt ein.
Fotos: Archiv Steglitz-Museum
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Juni 2008 Stadtteilzeitung
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