Eine Schule in der Kiste
Wie erfreulich und passend: Angelina Jolie
als Botschafterin des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen. Das ist
doch schön, eine so prominente Frau engagiert sich für die bedürftigen
Kinder der Welt. Wir nicken zufrieden und billigen ihren Einsatz. Aber
für UNICEF, diesen korrupten Haufen, also dafür würden wir doch keinen
Finger rühren!
Nun handelt es sich allerdings um ein und
dieselbe Organisation - allerdings hat ihr guter Name erheblichen Schaden
genommen, seit der Verdacht der Veruntreuung von Spendenmitteln auf einem
Vorstandsmitglied lastete. Dieser Vorwurf konnte nie bewiesen werden, der
Mann ist längst zurückgetreten, ein ganz neuer Vorstand gewählt, alles
wurde offengelegt, die veraltete Satzung wird erneuert, denn sie hatte
durch die Personalunion von Vorstandsmitgliedschaft und Geschäftsführung
die Krise erst möglich gemacht. Und dennoch ist der Schaden enorm, den
das Ansehen der deutschen Abteilung von UNICEF genommen hat. Ich treffe
mich mit zwei ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen der Ortsgruppe Steglitz und
frage nach ihrer Motivation, trotz allem weiterzumachen. Die Antwort ist
denkbar schlicht:
"Weil die Kinder noch immer Hilfe brauchen", sagt Henny Wulf,
die seit acht Jahren dabei ist. Aber warum muss es denn gerade dieser
Koloss von Organisation sein?
"Gerade weil es eine große Organisation ist", erklärt Ulrike
Linde, die seit etwa drei Jahren mit Frau Wulf zusammenarbeitet und sich
besonders für den studentischen Nachwuchs engagiert, der wiederum in die
Schulen geht und dort informiert.
"UNICEF unterhält eigene Büros in fast allen Ländern der Welt und
kann daher Soforthilfe durch Ein-heimische organisieren, während andere
Organisationen noch damit kämpfen, überhaupt ins Land gelassen zu
werden." So geschehen in Myanmar, wo es in den Medien hieß, keine
Hilfsorganisation könne tätig werden, während UNICEF bereits in die
Katastrophenbewältigung eingestiegen war. Das empfinden die beiden Frauen
als überaus ungerecht - "Während des Skandals waren wir doch ein
gefundenes Fressen!" - es zeigt aber auch, dass die
Öffentlichkeitsarbeit von UNICEF noch immer erhebliche Schwächen
aufweist. Schade, denn mit einer - wenn man möchte, vorsichtshalber
zweckgebundenen - Spende lassen sich ganz wunderbare Projekte
unterstützen, die Kindern in den ärmsten Regionen der Erde zugute
kommen. Hilfe zur Selbsthilfe ist natürlich ganz wesentlich. Da gibt es
etwa die Schule in der Kiste für 150 Euro. Hier findet sich alles, was
man benötigt, um 80 Kindern egal wo auf der Welt Elementarunterricht zu
erteilen: Tafellack (ja, da fängt es schon an!) und die Kreide dazu,
Schiefertafeln und Griffel, Hefte, Bleistifte, Alphabeth- und Zahlenposter
und sonstiges Unterrichtsmaterial. Die Kiste wird vermutlich auch als
Schreibtisch genutzt... Gern stellen Schulklassen fantasiereiche Aktionen
auf die Beine, um das Geld für eine solche Kiste zusammenzubekommen,
basteln und verkaufen oder veranstalten Spendenläufe. "Gerade junge
Menschen und Kinder gehen viel unbefangener auf uns zu, denn für sie
zählt nur, dass sie anderen Kindern helfen wollen", erzählt Henny
Wulf. "Manchmal hören wir die Frage, warum UNICEF denn nicht auch in
Deutschland tätig werde, hier gehe es vielen Kindern doch auch nicht so
gut. Dann erinnern wir daran, dass UNI CEF nach dem Zweiten Weltkrieg
gerade wegen der katastrophalen Lage der deutschen Kinder gegründet wurde
- und wir denken, es gibt heute eben hauptsächlich in Afrika, Asien und
Südamerika Kinder, deren Lebenschancen so schlecht sind wie die der
Kriegskinder von damals."
Mit wenig Geld können Kinder vor Malaria geschützt werden; mit dem Kauf
von 10 der traditionellen UNICEF-Weihnachtskarten für 13 Euro können 25
Kinder gegen Kinderlähmung geimpft werden; 20 Karten ermöglichen schon
die Behandlung einer an AIDS erkrankten Schwangeren, die das
Ansteckungsrisiko für ihr Kind senkt. Und wollten wir in diesem Jahr
nicht ohnehin endlich mal wieder unserer Tante Lilo einen Gruß schicken?
Also schauen wir mal beim Einkaufsbummel im KaDeWe vorbei, da gibt es die
Karten nämlich, vielleicht auch in der Apotheke um die Ecke oder per
Internet, oder wir rufen Tante Lilo doch nur an und spenden direkt:
UNICEF Spendenkto.-Nr. 5656566
BLZ 100 400 00, Commerzbank Berlin. www.berlin.unicef.de
Henny Wulf, Ortsgruppe Steglitz-Zehlendorf: 851 24 84
Sanna v. Zedlitz
.
Dezember 2008 Stadtteilzeitung
< Inhaltsverzeichnis
|