Wissenswertes zum Ehrenamt

Sexy mit Amt und Ehre

Berlin scheint finanziell in der Misere, ist arm dran. Auch vielen Berlinern geht es nicht besser. Typisch für solche Krisenzeiten scheint folgendes: Der Mensch kann sich nicht mehr alles kaufen, erledigen lassen oder sich selbst helfen und erlebt nach und nach seine Wiedergeburt zum sozialen Wesen. Er bekommt z. B. ein nettes Angebot vom Nachbarn und entdeckt, dass er selbst auch einiges zu bieten hat, wie Hilfsbereitschaft, Höflichkeit, Freundlichkeit oder Zeit. Kontakt wird geknüpft und der verschwenderische Umgang mit bisher mangelnden Tugenden geübt. Stellen Sie sich Berliner mal so vor: Hilfsbereit, höflich und freundlich … neee, doch nicht in Berlin!!! Warum denn nicht, macht Berlin bestimmt attraktiver, gewinnender. Ich zitiere hier Robert Kennedy:
"Das Problem der Macht besteht darin, wie man die Menschen dazu bekommt, fürs Gemeinwohl statt vom Gemeinwohl zu leben."

Staat und Senat unterstützen genau solche Aktivitäten. Die unbezahlbare freiwillige Tätigkeit eines Aktivisten (ein Synonym für Mann der Tat und interessanterweise für Anarchist und Aufrührer) nennt sich wohl deshalb Amt. Damit verbunden sind Auszeichnung, Lob, Preis, Würde, Anerkennung, Ansehen, Achtung bis Hochachtung, Ehre. Das Gemeinwohl kriegt den Preis bzw. den Gewinn, das soziale Netz das EHRENAMT und für die ehrenamtlichen Aktivisten gibt es folgende Unterstützung:

Nebenberuflich pädagogische Arbeit: "Übungsleiter" können bis zu 1848 Euro im Jahr steuerfrei als Aufwandsentschädigung verdienen (pro Monat 154 Euro). Wer mehr verdient, kann die tatsächlichen Kosten dagegen rechnen. Alternativ ist die Erstattung der Auslagen. Für Reise-, Fahrt-, Übernachtungs- oder Verpflegungskostenzuschüsse gibt es eine steuerfreie Pauschale, maximal 256 Euro im Jahr über den normalen Werbungskosten.

Diese steuerfreien Aufwandsentschädigungen für nebenberufliche ehrenamtliche Tätigkeiten gelten auch für Hausfrauen, Rentner, Studenten oder Arbeits-lose, wenn die jährliche Arbeitszeit weniger als ein Drittel einer Vollzeitstelle beträgt und es sich um gemeinnützige, kirchliche oder mildtätige Arbeit handelt. 

Wer tatsächlich Einkommens- oder Lohnsteuer zahlt, kann auch Mitgliedsbeiträge oder Spenden für entsprechende Vereine steuerlich absetzen. Ohne Aufwandsentschädigung kann auch der erbrachte Aufwand als Spende steuerlich geltend gemacht werden.

Die "Übungsleiterpauschale" sowie die geltenden Steuervergünstigungen für gemeinnützige Spenden soll erhöht werden. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück plante, noch vor Weihnachten 2006 einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Neuregelung des Spenden- und Gemeinnützigkeitsrechts vorzulegen sowie damit einhergehend bürokratische Hemmnisse abzubauen. Bisher konnten Spendengelder für kirchliche, religiöse oder gemeinnützige Zwecke bis maximal fünf Prozent der Einkünfte steuermindernd geltend gemacht werden, für mildtätige, kulturelle oder wissenschaftliche Zwecke zehn Prozent.

Ehrenamtlich Tätige sollten sich Klarheit verschaffen für den Fall eines Unfalls oder bei Schadensersatzforderungen. Größere Träger solcher Tätigkeiten haben oft dafür Unfall- und Haftpflichtversicherungen. Einige Bundesländer bieten eine Sammelhaft-pflicht- und Unfallversicherung an und können im Schadensfall direkt in Anspruch genommen werden. Auch Berlin leistet sich eine derartige Sammelversicherung mit der Zürich-Gruppe. Achtung, die ehrenamtliche Tätigkeit muss dann allerdings innerhalb der Landesgrenzen erfolgen.

Ehrenamtliche Tätigkeit wirkt sich positiv aus bei der Jobsuche. Das beginnt beim Hinweis im Schulzeugnis und wird in höheren Positionen als Glanzstück auf der Karriereleiter geradezu vor-ausgesetzt. Vor allem soziales Engagement in der Jugend- und Sozialarbeit, Seniorenbetreuung oder Telefonseelsorge, aber auch im künstlerisch-kreativen Bereich, in Umwelt oder Politik finden auch bei den Personalchefs hohe Wertschätzung. 

Es gibt Tätigkeiten, die ohne vorbereitende oder begleitende Qualifikationen nicht möglich sind, so z.B. bei der Feuerwehr, beim Technischen Hilfswerk, in Sportvereinen, bei Besucherdiensten oder in der Hospizarbeit. Die von den Trägern angebotenen Lehrgänge bieten somit einen großen geldwerten Vorteil.

Wenig bekannt und genutzt scheint der "Berliner Freiwilligen-Pass" zu sein, den es seit September 2005 gibt und auf dem das Land Berlin die ehrenamtliche Tätigkeit vermerkt, anerkennt und staatlich besiegelt. Allerdings muss die nutznießende Organisation bzw. der Träger dies beim Senat vorher beantragen und die Anträge der "Berliner Freiwilligen" auch bestätigen. Den Pass erhält nur, wer im Laufe des Jahres 80 Stunden oder am Stück sogar 200 ehrenamtlich tätig war.
(siehe auch www.berlin.de, Bürgerservice, Bürgerportal)

"Ehrenamts-Cards" berechtigen in einigen Städten zu ermäßigten Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder vorteilhaftem Eintritt in öffentliche Einrichtungen. Jugendbetreuer können mit der "Jugendleitercard" ("Juleica") kostenlos bundesweit ermäßigt oder kostenfrei bestimmte Einrichtungen wie Kino oder Schwimmbäder besuchen.

Annetta Mansfeld

.
Februar 2007  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis