Integrationshilfe im Kinder- und
Jugendzentrum VD 13 Das Kinder- und
Jugendzentrum "VD 13" am Vorarlberger Damm 13 ist nicht nur eine Anlaufstelle
Schöneberger Kinder und Jugendlicher für ihre Freizeitgestaltung sowie Hilfe in Schule
und Beruf. Seit ein Jugendlicher bei der Integrationshilfe gefragt hat, ob er die ihm
verordneten Arbeiten im "VD 13" ableisten könne, engagiert sich der Leiter der
Einrichtung, Horst Freese - ebenso wie das gesamte Team vom "VD 13" - auch für
Jugendliche, die vom Strafrichter die Weisung oder Auflage erhalten haben,
Arbeitsleistungen zu erbringen; dem ging dann in der Regel eine Verurteilung nach dem
Jugendgerichtsgesetz wegen der Begehung jugendtypischer Delikte voraus. Unter Anleitung
der Einrichtung arbeiten die Jugendlichen im Garten, helfen beim gemeinsamen Kochen oder
bei notwendigen handwerklichen Tätigkeiten.
Aufgrund ihrer Arbeit wissen die Jugendarbeiter Ayla Kiratli, Claudia von der Wall,
Karsten Hille und Horst Freese, welche Sorgen und Nöte die Jugendlichen haben.
Gleichzeitig versuchen sie, auf den notwendigen Umgang mit Schuld und Unrechtsbewusstsein
Einfluss zu nehmen - ein immer aktuelles Thema.
Den vom Jugendrichter verurteilten und nun beim "VD 13" vorstelligen
Jugendlichen und Heranwachsenden wird zunächst deutlich gemacht, dass sie eine Straftat
begangen haben: Häufig sind ihnen die Folgen dieser Straftat - besonders für die Opfer -
nach der richterlichen Verurteilung noch nicht wirklich bewusst geworden.
Im "VD 13" wird derzeit das Thema der sexuellen Belästigung aufgegriffen und
mit Handzetteln deutlich gemacht, dass hierunter unwillkommene verbale oder nonverbale
sexuelle Annäherungsversuche zu verstehen sind und diese von der Einrichtung nicht
toleriert werden - die Möglichkeiten, diese Problematik unter Einbeziehung einer
sexuellen Aufklärung mit den Jugendlichen zu erörtern, sind bereits rechtlich
eingeschränkt, weil der grundgesetzlich gewährleistete Schutz der Familie in diesem
Bereich den Eltern das erstrangige Erziehungsrecht einräumt. Das Jugendzentrum kann daher
nicht Aufgaben übernehmen, für welche ausschließlich die Eltern Sorge zu tragen haben.
Da "VD 13" - eine Einrichtung des Nachbarschaftheim Schöneberg in Kooperation
mit dem Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg - ein offenes Haus ist, finden Gespräche mit
allen Interessierten statt. Das Einzugsgebiet ist die Wohngegend um den Grazer Damm.
Mitunter werden die Probleme mit den dort wohnenden Jugendlichen auch in einem gemeinsamen
Gruppengespräch angegangen. Hierbei soll Fehlverhalten - zumal kriminelles - zwar
angemessen kritisch bedacht, aber der Einzelne nicht vor der Gruppe herabgewürdigt
werden. Gerade Werte wie Stolz und Ehre spielen für nicht wenige junge Menschen eine
große Rolle, um sich in ihrem täglichen Leben behaupten zu können.
Gleichzeitig aber führt eine Überbewertung dieser Vorstellungen dazu, dass dem eigenen
Stolz und der eigenen Ehre mehr Bedeutung beigemessen wird als dem Stolz und der Ehre
eines anderen. Jugendliche und Heranwachsende denken damit auch in Hierarchien. Eine
notwendige Auflösung dieser Hierarchie ist den Jugendlichen und Heranwachsenden, die
"oben" zu stehen glauben, nicht leicht vermittelbar.
So kommt es im weiteren Sinne dazu, dass die Jugendlichen auch im Sprachgebrauch lieber
Täter als Opfer sind. Wenn heute ein Erwachsener den Jugendlichen beim Gespräch zuhört,
bemerkt er immer öfter, dass der eine den anderen als "Opfer" tituliert, und
damit ist nichts Gutes gemeint. Die Jugendlichen haben mitbekommen, dass derjenige, dem
etwa im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs gesagt wird "Du (bist das) Opfer",
keine günstige hierarchische Position hatte und ihm nun mit Hilfe des Staates geholfen
werden soll, einen Ausgleich zu finden. Der anerkanntermaßen Stärkere ist also der, der
kein Opfer ist. Herr Freese vom "VD 13" bemerkte übrigens, dass die bei den
jungen Menschen gebräuchliche Bezeichnung, abgelöst von ihrem wertfreien Sinne, von den
Jugendlichen in befremdlicher Weise "Opfa" geschrieben wird.
Das "VD 13" ist heute auch bei den Eltern der Kinder und Jugendlichen als Teil
ihres Kiezes anerkannt, nicht zuletzt bei den Jugendlichen selbst, die wissen, dass sie
dort einige Regeln einzuhalten haben: Dies zeigen die Nachfragen der Jugendlichen, ob sie
im "VD 13" auch ihren Geburtstag feiern können.
Wolfgang Kotsch, Rechtsanwalt
Kinder- und Jugendzentrum VD 13
Vorarlberger Damm 13
Tel. 75 60 60 23 und 85 60 49-5
Öffnungszeiten: werktags 13 bis 21 Uhr
September 2005 Stadtteilzeitung
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