Night over Berlin
An einem späten Dienstagabend, kurz vor Mitternacht, bin
ich mit dem Jazzpianisten und Schlagzeuger Wolfgang Mitschke verabredet.
Sie sind vor fünf Jahren von Bonn nach Berlin gezogen und wohnen seitdem in der Nähe
des Rathauses Steglitz. Warum haben Sie die Rhein- gegen die Spree-Metropole getauscht?
Berlin ist maßgeblich zu einem zentralen Standort der Musikbranche geworden. Für einen
Jazzmusiker ist es auch wichtig, dass es in der Stadt 14 Jazzclubs gibt, indenen man
regelmäßig auftreten kann. Hier ergeben sich sehr viele Synergieeffekte; ich treffe
bekannte Jazzkollegen, aber auch artfremde Künstler und wir inspirieren einander. Man
kann ja die tollsten Sachen machen, aber wenn keiner davon erfährt... , deshalb nutzte
ich die große Berliner Medienplattform, um mich als Jazzmusiker noch intensiver ins
Gespräch zubringen.
Warum ist es in Deutschland so schwierig, mit Jazzmusik wirklich erfolgreich zu sein?
Viele große Plattenfirmen scheuen das Risiko neue Künstler in ihr bewährtes Programm
aufzunehmen. Absagen werden größtenteils mit fehlenden finanziellen Mitteln begründet.
Andererseits spaltet kaum eine Musikrichtung so stark die Gemüter wie der Jazz. Viele
lieben und ebenso viele hassen ihn. Aber: Es gibt gewisse Hoffnungen auf einen - moderaten
- Ausgleich zwischen den erhitzten Gemütern! Zur neuen Jazz-Avantgarde gehört der
Trompeter Till Brönner, der den Jazz in Deutschland massenwirksam populär macht und
diese Musikrichtung zurück in die großen Konzertsäle bringt - eine beachtliche
Leistung! In gewisser Weise profitiert die gesamte Jazz-Szene davon.
Wie würden Sie Ihre eigene Jazz-Stilrichtung beschreiben?
Der Ausgangspunkt für mich war Musik zu machen, die zum Relaxen einlädt; jederzeit
hörbar von früh bis in die späten Abendstunden - zu Hause, in Cafes oder Barlounges,
obwohl ich finde, das die Bezeichnung "Hintergrundmusik" dem tatsächlichen
Charakter nicht gerecht wird. Am ehesten könnte man wohl meine Musik mit
"Smooth-Jazz" beschreiben - eine in den USA weit verbreitete Jazz-Stilrichtung.
Von amerikanischen Radiosendern wird meine aktuelle CD "Latin in New York"
gespielt, eine jazzige Mischung bestehend aus Pop- und Latin-Elementen. Unlängst hat das
weltweit bekannte Jazz-Online-Magazin "www.Jazzreview.com" dieses Album positiv
besprochen, was mich sehr gefreut hat und zum Durchhalten motiviert.
Können Sie Ihr Publikum einer bestimmten Altersschicht zuordnen? Haben Sie viele
weibliche Fans?
Mein Musikpublikum beginnt so altersmäßig ab Mitte Zwanzig bis open end.
Ja, es gibt einen festen weiblichen Fankreis, der meinen "Smooth-Jazz" einfach
mag. Insbesondere der Titel "Song for Anja" auf meiner zweiten CD
"Sundance" - dieses Lied ist in so manches Frauenherz blitzartig eingeschlagen.
Das ist aus meiner Sicht natürlich sehr erfreulich.
Sie sind im Moment mit Studioaufnahmen beschäftigt und produzieren Ihr viertes
Soloalbum. Wann wird es erscheinen und worauf dürfen wir uns freuen?
Mein neues Album wird kein reines Soloalbum mehr sein, sondern auch maßgeblich von dem
Tenorsaxophonisten Jürgen Dietz geprägt sein. Natürlich spiele ich alle Piano- und
Keyboard-Parts, auch den E-Bass und programmiere die Rhythmus- und Begleitinstrumente
selbst. Es wird wieder ein "Smooth-Jazz-Album" mit poppigem Einschlag, welches
voraussichtlich im Juni 2005 erscheinen wird.
Bisher erschienene Alben:
"Journey To Sydney" (1999)
"Sundance" (2001)
"Latin in New York" (2003)
weitere Informationen und kostenlose Hörproben unter:
www.wolfgang-mitschke.com
Susanne Döhler
März 2005 Stadtteilzeitung
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