Präventionsarbeit in Schöneberg
Besonders Schöneberg-Nord gehört zu den
Stadtteilen Berlins, in denen die Polizei einen erhöhten Anteil jugendlicher,
nichtdeutscher Tatverdächtiger registriert. Im Zuständigkeitsbereich der
Polizei-Direktion 41 wurden nach Angaben des dortigen Abschnittsleiters Herrn Glaser etwa
80 % der Straftaten von jugendlichen Nichtdeutschen begangen, während ihr Anteil an der
Bevölkerung bei ca. 27 % liegt.
Diese Zahlen sind jedoch mit Vorsicht zu genießen und könnten leicht zu
Missverständnissen führen: Zum Einen betreffen sie lediglich die bei der Polizei
aufgenommenen Fälle (Tat-Verdächtigungen) und spiegeln nicht die tatsächliche
Verurteilungen durch die Gerichte wieder. Denn in der Regel kann man davon ausgehen, dass
bei weitem nicht alle Anzeigen bei Polizei oder Staatsanwaltschaft auch eine Verurteilung
durch den Richter nach sich ziehen. Bei Jugendlichen insgesamt führt etwa nur jede dritte
Anzeige auch zu einer Aburteilung.
Zum Anderen sind die Merkmale ethnische Herkunft oder Staatsangehörigkeit für die
Erklärung von Kriminalität bedeutungslos. Wenn man sich vor Augen führt, welchen
Bevölkerungsgruppen ausländische Jugendliche oft angehören, wird deutlich, dass andere
Faktoren eine Erklärung für die überproportionale strafrechtliche Registrierung bieten:
Alle Kriminalitätsstatistiken weisen überwiegend Tatverdächtige aus, die
Großstadtbewohner, männlich oder arbeitslos sind oder den unteren Einkommens- und
Bildungsschichten der Gesellschaft angehören. Ausländische Jugendliche zählen - auch im
Hinblick auf ihren Einwanderungshintergrund - besonders häufig zu diesen Gruppen.
(Beispiel: In Berlin liegt der Anteil männlicher Kinder, Jugendlicher und Heranwachsender
bei Ausländern mit ca. 56 % deutlich über dem entsprechenden Wert für die deutsche
Altersgruppe mit ca. 51 %.).
Um Jugendkriminalität zu begreifen und ihr zu begegnen, ist es weniger ausschlaggebend,
ob der Jugendliche deutsch oder nicht ist, sondern eher, in welcher persönlichen
Lebenssituation sich der Jugendliche befindet und welchen gesellschaftlichen Bildungs- und
Einkommensschichten er angehört. Sofern man dennoch an die Eigenschaft als Ausländer
oder Migrant anknüpft und die tatsächlich im Vergleich zu der deutschen Bevölkerung
erhöhte Kriminalitätsbelastung hervorhebt, kann dies auch im Zusammenhang mit der
Entwicklung von Präventionsmaßnahmen geschehen: Der Berliner Beauftragte des Senats für
Integration und Migration Günter Piening fordert eine Erhöhung der Bildungs- und
Ausbildungschancen jugendlicher Migranten, Maßnahmen zur rechtlichen Gleichstellung und
Bekämpfung von Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit. Ferner setzt er sich für eine
Kultur der Anerkennung gegenüber Einwanderern mit der Förderung gesellschaftlicher
Teilhabemöglichkeiten der Migranten ein.
Wie konkrete Maßnahmen zur Gewaltprävention aussehen können? In der nächsten Ausgabe
der Stadtteilzeitung stellen wir das Beispiel einer Schöneberger Oberschule vor.
Wolfgang Kotsch
Rechtsanwalt
März 2005 Stadtteilzeitung
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