Tatsächlich: Ende des 19.
Jahrhunderts erfand Alfred Band in Krefeld ein tragbares Tasteninstrument, das wie kein
zweites den Charakter des argentinischen Tango geprägt hat. Carlos Gardel, der legendäre
Komponist und Sänger des Tango, ein argentinischer Mythos, wurde in Marseille geboren.
Und die ersten Tangosänger überhaupt waren Italiener. Was ist Tango? Ein Gespräch mit
Jorge Aravena Llanca, das die Redakteurin Sanna von Sedlitz mit ihm in seiner Friedenauer
Wohnung führte.
Herr Aravena, was hat Sie zum Tango geführt?
Ich stamme aus Buenos Aires, und Buenos Aires IST Tango. Tango gehört dort zum
Leben wie das Atmen, er gehört einfach zu mir. Schon meine Mutter hat meinen Vater durch
ein Tangolied für sich gewonnen. Ich habe zwar studiert und an den Universitäten von
Buenos Aires, in Ecuador und in Berlin Audiovisuelle Kommunikation und Literatur gelehrt,
doch ich habe immer auch gedichtet, komponiert und gesungen, nicht nur den Tango, sondern
auch andere lateinamerikanische Lieder. Ich habe etwa auch die Südamerikareise Alexander
von Humboldts musikalisch interpretiert. Als ich aber 1982 nach Berlin kam, begann hier
gerade die Begeisterung für den Tango, und ich habe die erste Tangogruppe gegründet,
während Freunde von mir sich mit dem Tangotanz befassten.
Und was ist Tango?
In Argentinien umfasst Tango alle Ausprägungen der Kultur: Literatur, Malerei,
Tanz, Musik; im Gang liegt Tango: Er ist eine Lebenshaltung. Jedenfalls in meiner
Generation. Tango ist Ausdruck einer Generation von Entwurzelten, nämlich der Emigranten
des 19. Jahrhunderts, die ihre unterschiedlichen Kulturen aus Europa mitbrachten und ihre
Lieder und Tänze wie Mazurka, Polka, Kontertanz, den Schottischen etc., mit den
orientalisch und kreolisch beeinflussten spanischen Volkstänzen wie Habanera und Milonga
vereinigten und schließlich in den letzten 30 Jahren des 19. Jahrhunderts zum typisch
argentischen Tango verschmolzen.
Also ist der Tango noch relativ jung!
Ja, kaum älter als 100 Jahre. Er war zunächst die Musik der gesellschaftlichen
Randgruppen und handelt von Sehnsucht, Nostalgie, Liebe und Enttäuschung, tragisch und
dramatisch.
Wer die Oper "Maria von Buenos Aires" gesehen hat, erinnert sich an die
komplexe, rätselhafte Poesie Argentiniens. Wie machen Sie Ihren Zuhörern den Inhalt der
Tangolieder verständlich?
Nach ein paar einleitenden Worten lasse ich die Musik, den Klang der Worte und meinen
Körper sprechen. Ich werde zum Schauspieler für mein Publikum, und es hat mich bisher
immer verstanden.
Hat der Tango in Argentinien heute noch immer die große Bedeutung, die Sie
geschildert haben?
Es gibt gerade eine neue Auswanderungswelle, diesmal von Argentinien in Richtung
Altes Europa. Die Nachkommen der Emigranten des letzten und vorletzten Jahrhunderts suchen
heute nach ihren Wurzeln, ebenfalls aus Abenteuerlust, aber auch wegen der
wirtschaftlichen Unsicherheit in Argentinien. Wer zurückkommt, bringt neue Einflüsse mit
sich, und natürlich gibt es jetzt auch eine Art Rock-Tango. Ansonsten wird der Tango für
die Touristen verwässert und droht seine Eigenständigkeit zu verlieren. Doch der
bedeutendste Vertreter des Tango, Carlos Gardel, wird noch heute im ganzen Land verehrt.
Sein Grab ist immer mit frischen Blumen geschmückt, und irgendjemand gibt seinem Denkmal
täglich eine Zigarette und eine Nelke für's Knopfloch.
Sie haben eine Biographie über ihn geschrieben.
Ja, und darin gibt es auch einen Abriss über die Entwicklung des Tango.
Wer es also ganz genau wissen will...
Leider ist das Buch bereits vergriffen. Vielleicht kann man es noch über das
Internet bekommen.
Herr Aravena, wir freuen uns auf Ihr Konzert!
Sanna v. Zedlitz
Tango-Nacht im Hotel Friedenau Sonnabend, den 12. 2,, 20
Uhr mit Jorge Aravena und Sur Tango Argentino
Das Ensemble SUR Tango Argentino spielt klassische Tangos und eigene Kompositionen.
Der argentinische Sänger Jorge Aravena führt durch den Abend und interpretiert mit
seiner eindrucksvollen Stimme die emotionalen Texte. Er wird begleitet von Bernardo
Machus, dem Meister des Bandoneons, dem Bassisten Pit Rudolph und der Violinistin Bettina
Holl. Es darf auch getanzt werden.
Das geschmackvolle Ambiente des Hotels bietet mit seinen antiken Möbeln eine ideale
Kulisse für Nostalgie und Sehnsucht, Liebe und Laster, den Inhalten des authentisch
dargebotenen Tangos, dessen Genuss bei einer guten Flasche Wein noch gesteigert werden
kann.
Hotel Friedenau, Fregestraße 68, 12159 Berlin,
Vorbestellungen: 859 09 60
Eintritt: 10 EUR
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