15000 Flaschen spanischer Wein mitten in Friedenau
"Wenn's scheitert, haben wir halt für Jahre was zu essen und zu trinken",
sagten sich Kerstin Erlenmaier und Fernando Filgueira, als sie vor mehr als zehn Jahren
ihren ersten Weinladen in Berlin eröffneten. Heute würde der Vorrat lange reichen: Etwa
15.000 Flaschen spanischen Weines lagern derzeit in ihren Kellern. Doch nach Mißerfolg
der zwei "Vinos y Tapas"-Läden in der Friedenauer Rheinstraße und der
Drakestraße in Lichterfelde sieht es keineswegs aus.
Schwerpunkt der beiden Geschäfte ist die fachlich kompetente Beratung - die meisten der
sechs Angestellten sind Spanier, alle haben die Weine probiert, die sie verkaufen.
"Das unterscheidet uns klar von jedem noch so großen Supermarkt-Angebot. Und weil
wir direkt importieren, kennen wir sogar die Weinberge, auf denen die Reben wachsen."
Nicht die großen Exportmarken sind bei Kerstin Erlenmaier zu bekommen, sondern die oft
besseren, authentisch spanischen Produkte eigens ausgewählter Winzer. "Anhand von
Referenzen suchen wir die Weingüter aus, machen Termine vor Ort im Weinberg und
verschaffen uns einen eigenen Eindruck von der Qualität." Welche Lage hat der
Weinberg? Wie alt sind die Reben? Wird maschinell oder mit der Hand gearbeitet? Die
36-jährige gebürtige Friedenauerin weiß genau, welcher ihrer Weine wie produziert wird
- für sie zwingende Voraussetzung für die Gespräche mit ihren Kunden: "Wenn ich
weiß, daß der Boden des Weinbergs steinig, seine Reben sehr alt sind, kann ich doch ganz
anders beraten." Und schwärmt sofort von den Besonderheiten spanischer Weine.
Während des Franco-Regimes wurden ebene Flächen zumeist in Ackerland umgewandelt, die
Hanglagen blieben als Weinberge bestehen. Ein Vorteil für Spaniens Weinbau, denn die
verbliebenen Reben sind schon mal 80 Jahre alt und liefern Trauben von hoher Qualität.
Französische Weinberge sind oft seit Jahrhunderten in fester Hand - in Spanien dagegen
ist die Entwicklung viel dynamischer. "Besonders in den noch jungen Anbaugebieten im
südlichen Spanien werden seit einigen Jahren Spitzenweine produziert, die bislang in
Nordeuropa wenig bekannt sind." Und genau diese will Kerstin Erlenmaier in Berlin
einführen.
Eine Berlinerin, aufgewachsen "zwischen Kaisereiche und Rathausplatz" im
Weinhandel? Das erklärt sich nicht von selbst. Doch der schwäbische Großvater mit
seinem Hobby-Weinberg und eine Spanien-Leidenschaft seit früher Kindheit schaffen die
Verbindung. Ein bisschen sieht Kerstin Erlenmaier sich auch als Vermittlerin spanischer
Lebenskultur. Weinseminare, Ausstellungen spanischer Künstler bei ihr im Laden und
jährliche Reisen in die spanischen Weingebiete sollen das Drumherum des verkauften
Rebensaftes erklären. "Friedenau ist einfach ein schöner Bezirk," erklärt die
Weinhändlerin die Standortwahl. "Und es ist wichtig, einen Bezug zu der Gegend zu
haben." Damit schafft sie die ideale Verbindung zwischen Spanien und Friedenau.
Vinos y Tapas, Spanische Weine & Spezialitäten, Rheinstraße 60, 12159 Berlin, Tel.
8520410. www.vinosytapas.de.
Die nächsten Weinseminare:
15. April (Rotwein),
06. Mai (Weißwein), jeweils 20 h, 25 Euro.
Am 4. Juni außerdem der "Lange Tag der Weinläden": mehrere Weinseminare in
verschiedenen Weinläden Berlins, Infos ab Mitte April bei Vinos y Tapas.
Claudia Fenske
April 2005 Stadtteilzeitung
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