DAS SOLL KUNST SEIN?
Die JuKS, die Jugendkunstschule
Tempelhof-Schöneberg ist eine Einrichtung des Bezirks, die Kindern
und Jugendlichen eine breit gefächerte Palette von künstlerischen
Kursen, Projekten und Workshops anbietet. Der Schwerpunkt der
Angebote liegt im bildnerisch-künstlerischen Bereich und reicht vom
Zeichnen, Malen, Fotografieren bis zur Schmuck- und Holzwerkstatt.
Selbst kreativ zu werden steht dabei im Vordergrund, aber auch die
Auseinandersetzung mit aktueller Kunst kann anregend sein und
Denkanstöße geben und darf deshalb nicht fehlen.
Die transportale als temporäres künstlerisches Projekt entlang der
S-Bahnlinie 2 ist uns dafür ein willkommener Anlass, und so
entsteht in Kooperation mit der transportale und dem Kunstamt die
Idee zu dem Jugendprojekt "DAS SOLL KUNST SEIN ?" Eine
Gruppe von Jugendlichen zwischen 14 bis 18 Jahren, ausgestattet mit
Zeichenstiften, Kassettenrekorder, Fotoapparat und Videokamera,
macht sich also auf den Weg.
Schon die Eröffnungsveranstaltung
hat einige Überraschungen zu bieten. Nach einführenden Worten und
Musik, die wir bei schönstem Sonnenschein auf einer Wiese am
Priesterweg genießen, fahren wir mit einem historischen S-Bahn Zug
zum Nordbahnhof. Hier ist das "crossing-knotting" Projekt
zu sehen, an dem Künstlerinnen aus fünf Kontinenten beteiligt
sind. Zum Thema Knoten haben aber auch zwei Schulklassen gearbeitet,
an deren Werken die Jugendlichen natürlich besonders interessiert
sind. Einen jugendlichen Künstler treffen wir dort auch an und
können das erste Interview führen. Er hat auf seine Bilder den
Spruch geschrieben: "Das Schiff verspricht Vertrauen und
bricht. Vertrauen ist Wissen ohne zu wissen". Diesen Spruch
erklärt er damit, dass die Bilder wenig gesichert sind, er aber
darauf vertraut, dass das nicht ausgenutzt wird. Damit scheint er
hellseherische Fähigkeiten zu haben, als wir nämlich zwei Wochen
später am selben Ort vorbei kommen, sind die Arbeiten abgehängt,
weil es Beschädigungen daran gab. Bald sollen aber immerhin Fotos
der Arbeiten am selben Ort gezeigt werden. An diesem Tag sehen wir
noch eine Gartenlaube auf dem S-Bahnhof Buch, und nachdem die
Jugendlichen sich damit beschäftigt haben, können sie auch diesem
außergewöhnlichen Kunstwerk viel abgewinnen. "Für mich hat
das Projekt mit den Lauben, die sich aufeinander zu bewegen, viel
mit Kommunikation und Zusammentreffen zu tun. Genauso ist es auch
mit den Knotenpunkten. Von Kunst in der S-Bahn, im alltäglichen
Zusammenhang, wird man überrascht und bleibt stehen. Man freut sich
oder ärgert sich, aber auf jeden Fall bekommt man
Denkanstöße." (Schülerin)
In den Osterferien hat unsere
Projektgruppe dann die einmalige Gelegenheit einige KünstlerInnen
der transportale vor Ort zu treffen. Alle sind darauf gespannt, was
sie erwartet.
Susanne Ahner hat für ihr Projekt "zu fuß"
Fußwege-Karten zwischen allen Bahnhöfen zwischen Buch und
Lichtenrade erstellt. Sie treffen wir am Anhalter Bahnhof. Die
Diskussion mit ihr findet sozusagen unterwegs statt, und wir werden
auch gleich in ihr Projekt mit einbezogen. Als Wegmarkierung
hinterlässt Susanne Ahner Postkarten an Bäumen entlang der
Strecke, und die Jugendlichen dürfen nicht nur helfen, die
Postkarten zu befestigen, sondern wählen die passenden Motive für
den jeweiligen Ort auch mit aus. Hier finden die Jugendlichen
besonders beeindruckend, dass man Kunst auch auf diese andere Art
erfahren kann, dass es schön ist, sich dafür Zeit zu nehmen und
eine Entdeckungsreise zu machen.
Am fesselndsten ist der Besuch bei
Chantal Labinski. Staunend stehen wir auf ihrer Aktionsbaustelle und
sehen den Bagger große rund geformte Löcher ausheben. Etliche
junge Leute hantieren mit Schaufeln, Schablonen und Messinstrumenten.
Hier sehen wir ein "work in progress", dessen Zukunft noch
ungewiss ist. Die jungen Helfer sind bmx-Fahrer und Skater, die sich
sehr wünschen, dass aus dieser temporären Aktion eine bleibende
Bodenskulptur wird, die mit Rädern und Skateboards befahren werden
kann. Deshalb haben sie beschlossen, diese Aktion nach Kräften zu
unterstützen und sich in die Buddelei gestürzt. Im Interview
erfahren wir, dass die Skater auch mit in die Formgebung der
Skulptur einbezogen werden, weil sie als Nutzer am besten die
jeweilige Verteilung von Höhen und Tiefen beurteilen können. Hier
hat die Skulptur auch ihren Titel her: Die "Skate-Amoebe"
ist ein Ding, das ständig seine Form verändert. Die Jugendlichen
unserer Projektgruppe finden es toll, dass hier ein Kunstwerk
entsteht, dass nicht nur schön anzusehen ist, sondern auch noch von
ihnen genutzt werden kann. "Die Künstlerin stellt den Leuten
nicht einfach was vor die Nase, womit die vielleicht gar nichts
anfangen können, sondern es ist wirklich für die Leute. Jeder
Skater, der das später nutzt, kann stolz darauf sein, dass er hier
mitgearbeitet hat." (Schülerin)
Das soll Kunst sein? Auf diese Frage
können alle, die in unserer Projektgruppe mitgemacht haben, jetzt
viele Antworten geben, und alle werden aufmerksamer und mit wacheren
Sinnen ihre Umwelt wahrnehmen. Wer jetzt neugierig geworden ist oder
auch nur zeichnen, malen oder fotografieren lernen möchte, kann
sich zu einem Kurs anmelden unter der Tel.Nr. 7560-6324, per e-mail
unter juks-schoeneberg@t-online.de
oder vor Ort in der Martin-Luther-Str.46, 10779 Berlin.
Birgit Jansen (Projektleitung) |
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